Aktuelle Studie: Verrohung der Sprache durch Corona messbar

 

Wesentliche Erkenntnisse und Zitate

  • Corona hat die Art, wie Sprache im Internet benutzt wird, grundlegend verändert.
  • „Ich bin zutiefst erschüttert und schockiert über das Ausmaß der Verrohung der Sprache infolge der Corona-Pandemie.“
    Nils Christensen, verantwortlicher Co-Autor der Studie und Geschäftsführer der REKLAMATION.COM GmbH
  • Der Lockdown hat tiefe, messbare Spuren in der Psyche der Deutschen hinterlassen.
  • „Mit diesen Ergebnissen hätte ich weiß Gott niemals gerechnet.“
    Nils Christensen, verantwortlicher Co-Autor der Studie und Geschäftsführer der REKLAMATION.COM GmbH
  • Trotz umfangreicher Lockerungen hat sich die Situation nur unwesentlich verbessert.
  • „Die verwendete Sprache ist Ekel erregend, zutiefst abstoßend und abscheulich.“
    Nils Christensen, verantwortlicher Co-Autor der Studie und Geschäftsführer der REKLAMATION.COM GmbH

 

Zur durchgeführten Studie im Einzelnen

Köln, den 28. Juli 2020. Mit Abstand exakt eines halben Jahres zur ersten gemeldeten Corona-Infektion in Deutschland (dpa-Meldung 28. Januar) wurde retrospektiv in einer groß angelegten Studie mit über 10,84 Millionen Reklamationen, Beschwerden und Bewertungen im deutschsprachigen Internet durch die REKLAMATION.COM GmbH, in Zusammenarbeit mit statistik.net, das Online-Verhalten der Deutschen anhand sprachlicher Auffälligkeiten untersucht um zu messen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Benutzung von Sprache (und damit indirekt ggfs. auch auf das Verhalten insgesamt) hatte und hat – und kommt zu dem Schluss, dass die

Verrohung der Sprache im Online-Verhalten infolge von Corona „erschreckend eindeutig messbar“

ist. Gefühlt sind diese Erkenntnisse nicht neu aber ihr statistischer Nachweis ist dennoch brisant – zeigt er doch u.a. auch die Wichtigkeit, schnellstmöglich zur Normalität zurück zu kehren (soweit das Pandemie-Geschehen dies zulässt): Die Lockerungen hatten einen äußerst positiven, messbaren Einfluss auf das Online-Verhalten während die Ungewissheit im Lockdown mit der Zeit, ebenfalls messbar, immer problematischer wurde und sich erst durch die Lockerungen entspannte.

Die Benutzung von Sprache im Internet ist mit gewisser Wahrscheinlichkeit ein interessanter Indikator (oder gar Vorbote, aus Worten können schnell Taten werden) für das Verhalten insgesamt, was wahrscheinlich u.a. auch die Bundesregierung dazu veranlasste, das am 03. Juli auch vom Bundesrat verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität auf den Weg zu bringen, das einen größeren Fokus auch auf Hass und Hetze im Internet legt.

Die Studie wurde ursprünglich nur zur internen Verwendung angefertigt um die Algorithmen (und so genannte „Corpi“) für das Machine Learning der REKLAMATION.COM GmbH zu verfeinern und ist eher zufällig auf die doch frappierenden Zusammenhänge zwischen der Corona-Pandemie und der online verwendeten Sprache gestoßen. Die gewonnenen Erkenntnisse gehen jedoch weit über den ursprünglichen Zweck hinaus und sind auch für die breite Öffentlichkeit von Interesse, weshalb die Studie in Bezug auf ihre Untersuchungen zu Corona anlässlich des 28. Juli (sechs Monate Corona in Deutschland) publiziert worden ist.

 

Maledicta-basierte empirische Evidenz

Den wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge, die vor allem linguistische Auffälligkeiten und deren Veränderungen empirisch gemessen haben, gibt es infolge von Corona u.a. „erhebliche Schwankungen“ in der Frequenz der Benutzung von Schimpfworten (wissenschaftlich auch „Maledictum“), anhand denen sich die Verrohung der Gesellschaft (gemessen an der verwendeten Sprache) eindeutig und eindrucksvoll nachweisen und graduell messen lässt. Hierzu wurden die Schimpfworte malediktologisch in drei verschiedene Kategorien aufgeteilt. Maßgeblich für die Zuordnung zu den jeweiligen Kategorien sind vor allem Vulgarismus, Diskriminierung (u.a. rassistische, chauvinistische, sexistische und homophobe Beschimpfungen) und Üblichkeit der Verwendung.

  • Kategorie 1: Herabwürdigende und besonders vulgäre Schimpfworte, überwiegend rassistisch
  • Kategorie 2: Schimpfworte mit vulgärem und/oder rassistischem Anklang
  • Kategorie 3: Harmlosere Schimpfworte häufigeren Gebrauchs (bspw. „Idiot“)

Interessanterweise verhalten sich die Nutzungs-Frequenzen der Schimpfworte der drei Kategorien sehr unterschiedlich – besonders große Ausschläge sind vor allem in den Kategorien 1 und 2 zu konstatieren. Das Zusammenfallen der Ausschläge mit den Ereignissen ist frappierend.

 

Ergebnisse der Studie als Diagramm

Fahren Sie mit der Maus über das Diagramm um mehr Informationen anzuzeigen.

Hinweis I: Die durchschnittliche Häufigkeit der Benutzung wurde pro Kategorie im Mittel der Jahre 2018 und 2019 auf 100 normiert. Ein Wert von 100 zeigt also an, dass die Häufigkeit des Schimpfwort-Einsatzes exakt dem Durchschnitt der Jahre 2018 und 2019 entspricht. Ein Wert von 200 zeigt die doppelte Häufigkeit an und ein Wert von 50 die Hälfte usw.

Hinweis II: Der höchste in den Jahren 2018 und 2019 gemessene Ausschlag (kategorieübergreifend) war 133,2, also eine um 33,2 % erhöhte Häufigkeit im Vergleich zum Durchschnitt.

Hinweis III: Die Häufigkeit ist nicht 1:1:1 sondern gerundet ungefähr 1:2:5 (der Kategorien 1, 2, 3), bezogen auf den Index von 100:100:100.

 

Ergebnisse und Interpretation

  • 2020 sticht heraus: In den Jahren 2018 und 2019 lag der größte Ausschlag (über alle Kategorien) bei nur 33,2 % (vgl. Hinweis II zum o.g. Diagramm). 2020 waren die höchsten Ausschläge bei +265,9 % (Kategorie 1), +128,1 % (Kategorie 2) und +44,4 % (Kategorie 3), lagen also in jeder Kategorie oberhalb des höchsten 2018 und 2019 jeweils gemessenen Werts. Im Jahresdurchschnitt 2020 liegen die Kategorien bisher mit 76,85 % (Kategorie 1), 32,56 % (Kategorie 2) bzw. 6,77 % (Kategorie 3) über dem Durchschnitt der beiden vergangenen Jahre.
  • Kalenderwoche 16 sticht heraus: Die höchsten Ausschläge aller Kategorien wurden in einer einzigen der 30 Wochen gemessen mit 265,9 % (Kategorie 1), 128,1 % (Kategorie 2) und 44,4 % (Kategorie 3), also im Zeitraum vom 13. bis 19. April 2020 – der Woche vor den ersten Lockerungen des Shutdowns.
  • Ausschreitungen: Mit Ausnahme der Kalenderwoche 16 (mit den absolut höchsten Maxima) fallen die beiden übrigen, lokalen Maxima der Kategorien 1 und 2 mit den Zeitpunkten der Ausschreitungen in Stuttgart (KW 25) und Frankfurt am Main (KW 29) zusammen.
  • Lockerungen: Es ist deutlich zu beobachten, dass die Lockerungen (in den Kalenderwochen 17 und 18) für einen massiven Rückgang gesorgt haben: Von +256,9 % auf +67,2% (Kategorie 1), +128,1% auf +12,2% (Kategorie 2) respektive +44,4% auf -7,5% (Kategorie 3).
  • Tendenz: Die Tendenz ist steigend, so liegen die Werte in der letzten erfassten Kalenderwoche (KW 30) bei +134,1% (Kategorie 1), +55,7% (Kategorie 2) bzw. +28,6% (Kategorie 3) und damit in jeder Kategorie außer Kategorie 3 deutlich oberhalb der höchsten Ausschläge der Jahre 2018 und 2019, in Kategorie 1 sogar bei mehr als dem Doppelten des Durchschnitts der Jahre 2018 und 2019.

Insbesondere die Tendenz ist Besorgnis erregend. Seit dem Ausbruch der Pandemie ist das Niveau drastisch gestiegen und befindet sich noch immer deutlich oberhalb des in den Jahren 2018 und 2019 höchsten jemals erreichten Werts. Diese Situation ist alarmierend und könnte bedeuten, dass sich eine dauerhafte und langfristige Verrohung der Sprache als Folge der Pandemie in den Köpfen festsetzt. Ein Zustand, den es unbedingt zu verhindern gilt.

 

Beispiele für Kategorie 1-Schimpfworte und deren Kontext

Warnung: Die nachfolgende Liste an Schimpfworten enthält explizite Sprache und ist nicht für schwache Nerven. Wir distanzieren uns ausdrücklich davon, möchten jedoch durch die wörtliche Wiedergabe der Zitate auch aufzeigen, wie brisant die Situation ist und dass Schimpfworte der Kategorie 1 nicht ohne Grund so kategorisiert wurden. Die Wortwahl offenbart einen teilweise offenen Hass gegenüber anderen, der auch die Autoren der Studie in „Qualität“ und Quantität sehr überraschte.

  • „Dieser arschfickende Hofberichterstatter gehört zurück entwickelt und abgetrieben, so wie der aussieht dürfte Corona nicht sein größtes Infektionsproblem sein“: Ein Benutzerkommentar über den Pressesprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert. Der Kommentar stand in Verbindung mit einer Reklamation einer Kundin aus Mitte März, die sich darüber beschwerte, dass auf Grund der Beschränkungen rund um Covid-19, erlassen durch die Bundes- und Landesregierung, die Abgabe von Lebensmitteln nur in haushaltsüblichen Mengen erlaubt sei.
  • „Feminazi-Maskenspasten“: Der Benutzer verwendete diese Bezeichnung für die (weiblichen) Pflegekräfte einer Seniorenresidenz, die ihm den Besuch eines Angehörigen im April 2020 untersagten.
  • „Ostanatolischer Arschpickel“: Mit diesem erniedrigenden Kraftausdruck wurde nach eigenen Angaben eine türkische Mitbürgerin in einem oberfränkischen Café Anfang Juni bezeichnet, als sie ihre Tischnachbarn auf die Einhaltung des Mindestabstands hinwies.
  • „Hirnamputiertes Homoschwein“: Der Kommentar eines Users, der in einer Reklamation den Bundesminister für Gesundheit, Jens Spahn, persönlich für die angeblich knapp einstündige Wartezeit vor einem niedersächsischen Baumarkt Ende Juni verantwortlich machte.
  • „Systemtreue Corona-Nazis“: Aus einer Beschwerde eines Benutzers, der Anfang April nach eigener Aussage im Englischen Garten in München mehrfach zum Einhalten eines Sicherheitsabstands aufgefordert wurde.
  • „Grenzdebile Kopftuchschlampe“: So wurde, nach eigenen Angaben, die Besucherin eines Elektromarkts in Essen bezeichnet, nachdem sie andere Kunden an der Kasse auf die Maskenpflicht aufmerksam machte.
  • „Nazi-Systemnutten“: Diese und ähnliche Bezeichnungen wurden von mehreren Benutzern für Beschäftigte von Ordnungsamt und Polizei verwendet.

Erschreckender Weise lässt sich diese Liste enorm (ca. um den Faktor 50) erweitern und zeigt nur einen Ausschnitt des Problems. Es wurden hier sieben zufällige Auszüge aus der Kategorie 1 ausgewählt um einen Eindruck zu vermitteln, was sich hinter der Kategorisierung verbirgt und dass dies keine „harmlosen“ bzw. häufige Diffamierungen wie bspw. „Idiot“ (Kategorie 3) oder „Arschloch“ (Kategorie 2) sind. Viele der Beschimpfungen haben einen expliziten Corona-Bezug. Manche Beschimpfungen wurden durch automatische Filter frühzeitig erkannt und offline gestellt – allerdings leider bei Weitem nicht alle. REKLAMATION.COM hat die betreffenden Portalbetreiber informiert, die dann auch umgehend reagiert haben.

 

Konsequenzen und Umsetzung

Das Zusammenfallen der Ausschreitungen von Stuttgart und Frankfurt am Main mit den lokalen Maxima der Verwendung verrohter Sprache ist ein Indiz dafür, dass auf Worte auch Taten folgen und dass die Verwendung verrohter Sprache auch eine gewisse Gewaltbereitschaft abbildet. Es erschiene auch absonderlich, wenn Menschen einerseits im Internet zu extremer Sprache neigen, sich dann aber in der realen Welt vorbildlich verhalten würden. Natürlich ist es wahrscheinlich, dass die Übertreibungen im Netz aufgrund der teilweisen Anonymität ihren Gegenpart in der Realität niemals vollständig finden und eine 1:1-Übertragung in die Realität (hoffentlich) nie stattfindet. Allerdings – und hier liegt das Problem – sind alle Taten zuerst Gedanken, dann Worte und schließlich Realität.

Die REKLAMATION.COM GmbH wurde jedenfalls durch die Studie in ihren Bestrebungen bestätigt, ihre Filter für Kriminalität, Hass und Beschimpfungen weiter zu verbessern und ihre künstliche Intelligenz diesbezüglich stark auszubauen. Das Release einer neuen Version ihrer künstlichen Intelligenz, in die bereits die Erkenntnisse dieser Studie eingeflossen sind, wird gegenwärtig noch im August 2020 erwartet, auch für alle Unternehmens-Kunden der REKLAMATION.COM GmbH, die deren Plattform und/oder die Automatisierungslösungen einsetzen. Die Plattform-Partner, die eigene Online-Portale betreiben und die SaaS-Lösungen lizensiert nutzen, werden sich noch bis etwa Mitte September gedulden müssen, bis auch hier die Änderungen ausgespielt werden können.

Insgesamt werden bundesweit viele hunderttausend Endkunden und einige hundert Unternehmenskunden noch im Jahr 2020 von den Neuerungen profitieren können, die die Abwicklung von Reklamationen schneller, kostengünstiger und künftig auch noch deutlich seriöser (durch weniger negative Emotionen und Beschimpfungen) gestalten.

 

Hintergrund und REKLAMATION.COM GmbH

REKLAMATION.COM revolutioniert Reklamationen, vor allem durch Automatisierung und stromlinienförmige Prozesse. Hierzu wird das gleichnamige Verbraucherportal betrieben unter reklamation.com, über das Verbraucher komfortabel und äußerst wirksam ihre Reklamationen an die Unternehmen richten können, die wiederum durch den erhöhten öffentlichen Druck (durch die entsprechende Sichtbarkeit ihres Verhaltens) in der Regel sehr viel schneller und kulanter reagieren als wenn sie von einem Kunden nur direkt angeschrieben würden. Durch die Automatisierung der Anfragen profitieren auch die Unternehmen stark vom Portal und können – durch erheblich geringere Kosten mit der Bearbeitung des Reklamationsprozesses – einen Teil ihrer Einsparungen in Form großzügigerer Kulanz an ihre Endkunden weiter reichen.

In vielen Unternehmen werden heute noch menschliche Mitarbeiter dem emotionalen Stress von Reklamationen ausgesetzt – in solchen Abteilungen gibt es im Durchschnitt sehr viel mehr Burnouts und eine exorbitant höhere Fluktuation als in allen anderen Unternehmensabteilungen. Durch intelligente Automatisierung über künstliche Intelligenz und Machine Learning ist es heute problemlos möglich, auch höchstkomplexe Reklamationsprozesse vollständig zu automatisieren und nur noch den verbleibenden Rest an Spezialfällen durch menschliche Mitarbeiter bearbeiten zu lassen – der Rest läuft vollautomatisch ab. Menschen können sehr viel mehr als stupide Reklamationsfälle zu bearbeiten und es ist angesichts der technischen Möglichkeiten heute kaum mehr nachvollziehbar, weshalb weiterhin Menschen unnötigerweise damit belastet werden.

 

Pressematerial / Downloads

Hinweis: Alle Presse-Materialien sind frei verwendbar, wir bitten jedoch um einen Copyright-Hinweis und eine Verlinkung, bspw. nach dem folgenden Schema.

Copyright &copy; 2020 <a href="https://reklamation.com" target="_blank">REKLAMATION.COM</a> GmbH

 

Verwendung des interaktiven Diagramms

Hinweis: Das o.g. Diagramm kann auch – vergleichsweise einfach – als interaktives Diagramm eingebunden werden. Hierzu kann entweder die o.g. JavaScript-Datei heruntergeladen und eingebunden werden oder das Content-Delivery-Network (CDN) der REKLAMATION.COM GmbH genutzt werden, die Einbindung ist nicht schwer zu bewerkstelligen:

<script src="https://cdn.reklamation.com/diagramm.min.js"></script>

Für weitere Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung, am besten per E-Mail unter presse (at) reklamation (dot) com, gerne aber auch telefonisch unter 0221-63 06 1881.

Pressekontakt: Manfred Staudinger / Elisabeth Reiter / Nils H. Christensen.